Düsseldorf Am deutschen Aktienmarkt geht es weiter aufwärts. Der Dax steigt nachmittags um 0,6 Prozent auf 13.594 Punkte. Zwischenzeitlich notierte die Frankfurter Benchmark sogar bei 13.736 Punkten, doch nach den enttäuschenden US-Inflationsdaten rutschten die Kurse wieder deutlich ab.
Denn der Verbraucherpreisindex, der die Preise für Waren und Dienstleistungen auf breiter Basis misst, stieg im Vergleich zum Vorjahr um 8,3 Prozent und lag damit Schätzungen der Analysten, die lediglich einen Anstieg um 8,1 Prouzent erwartet hatten. 8,3 Prozent sind einer höchsten Werte seit Jahrzehnten.
Dies verstärkt den Inflationsdruck in der gesamten Wirtschaft, der die Haushalte belastet und die US-Notenbank dazu veranlasst, die Zinssätze aggressiv anzuheben.
Der Kern-Verbraucherpreisindex, der Lebensmittel und Energie ausschließt, stieg um 0,6 % gegenüber dem Vormonat und um 6,2 % gegenüber April 2021, so die am Mittwoch veröffentlichten Daten des Arbeitsministeriums.
Am gestrigen Dienstag ging der Leitindex mit einem Plus von 1,2 Prozent und einem Endstand von 13.534 Punkten aus dem Handel.
Der Dienstag war ein sehr konstruktiver Handelstag, weil die wichtige Marke von 13.500 Punkten nicht nachhaltig unterschritten wurde. Zwar lag der Schlusskurs am Montag dieser Woche bei 13.380 Zählern, doch „nachhaltig“ bedeutet, dass der folgende Handelstag ebenfalls mit einbezogen werden muss.
Und am Dienstag lag der Dax die gesamte Sitzung über dieser Marke. Mit dem Tageshoch von 13.720 Punkten sah es zwischenzeitlich sogar nach einer ordentlichen Erholungsrally aus.
Es gibt gute Argumente, dass der Kursrutsch am Montag bis auf 13.380 Punkte ein zumindest vorläufiger Tiefpunkt war. Zumindest der Ausverkauf von Aktien aus der Ölbranche oder Werten wie SMA Solar (minus 18 Prozent) oder Rheinmetall (minus zehn Prozent) zum Wochenstart sind dafür ein Indiz.
Beide Aktien sind seit Ende Februar kräftig angestiegen, und es gab – bis auf Gewinnmitnahmen – keinen Anlass für solch einen Kursrutsch. Das passende Börsensprichwort dazu ist: Die Besten trifft es in der Regel zuletzt.
Der Hintergrund für dieses Sprichwort: Anleger halten an vermeintlich attraktiven Werten bis zuletzt fest, bis der Verkaufsdruck zu groß wird und sie dann aufgeben. Die Folge: Solche Werte sind meist die ersten, die in einer Aufwärtsbewegung wieder gekauft werden.
Die Entspannung an den Aktienmärkten geht mit der Hoffnung einher, dass zwei der drei großen Belastungsfaktoren deutlich geringer werden.
Da ist zum einen die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Lockdowns in China. Im Reich der Mitte geht die Zahl neuer Covid-19-Fälle zurück. In China und Hongkong hat das die Stimmung an den Börsen deutlich aufgehellt. Sollten die wichtigen Häfen in China wieder komplett geöffnet werden, wäre das ein wichtiges Signal.
Zum anderen fallen die Rendite an den Anleihemärkten, was im Gegenzug zumindest vorläufig das Ende des Ausverkaufs bedeutet. Denn bei fallenden Renditen steigen im Gegenzug die Kurse, zu denen die Anleihen gehandelt werden.
Die Rendite einer zehnjährigen US-Staatsanleihe ist mittlerweile unter die Marke von drei Prozent gefallen. Noch am Dienstag lag dieser Wert in der Spitze bei 3,2 Prozent. Auch die zehnjährige Bundesanleihe fällt von 1,183 Prozent am Vortag auf derzeit 1,006 Prozent.
Beim dritten großen Belastungsfaktor, dem Krieg in der Ukraine, bleibt hingegen die Situation unverändert.
Trotz der heutigen Kursgewinne bleibt der Abwärtstrend beim Dax seit Anfang des Jahres aber intakt. Diese Linie seit dem Jahreshoch mit 16.285 Punkten am 5. Januar liegt derzeit bei 14.124 Zählern und bildet zusammen mit der 50-Tage-Linie, die bei 14.047 Zählern verläuft, die erste wichtige Hürde auf dem weiteren Weg nach oben.
Doch auch die technische Analyse sieht in der aktuellen Entwicklung einen Silberstreif am Horizont. Für die Charttechniker von HSBC Deutschland markiert der Ablauf der vergangenen Handelstage „oftmals einen kurzfristigen Marktwendepunkt“. Allerdings darf der Dax nicht mehr das Tief von 13.380 Punkten unterschreiten.
Blick auf die Einzelwerte
Bayer: Die Aktie rutscht 8,8 Prozent ab. Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer hat im US-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat einen Rückschlag erlitten. Die US-Regierung riet dem Supreme Court – dem obersten Gericht im Land – am Dienstag (Ortszeit) von der Annahme eines wegweisenden Falls ab. Das Verfahren könnte Signalwirkung für viele weitere US-Klagen haben. Für den Leverkusener Dax-Konzern hängen davon milliardenschwere Rechtsrisiken ab.
Continental: Der Autozulieferer leidet massiv unter den gestiegenen Rohstoffkosten. Allein das profitable Reifengeschäft rettet dem Unternehmen das Quartalsergebnis. Die Aktie steigt um vier Prozent.
Die Aktien folgten damit aber auch der europaweiten Branchenstärke. Porsche, Mercedes-Benz, Volkswagen und BMW gewannen zwischen vier und 5,4 Prozent.
Thyssen-Krupp: Der Stahlkonzern profitierte im zweiten Quartal seines Geschäftsjahres 2021/22 von den gestiegenen Stahlpreisen, kämpft aber mit hohen Rohstoffkosten. Für das Gesamtjahr wurde die Gewinnprognose auf mindestens zwei Milliarden Euro angehoben.
Das beschert der Aktie ein Plus von 11,8 Prozent. Thyssen-Krupp will sich angesichts der angespannten geopolitischen Lage nicht festlegen, wann der Konzern wieder eine Dividende zahlt.
Evotec: Die Aktie rauscht bis zu fünfzehn Prozent in die Tiefe. Mit 20,38 Euro kosten sie so wenig wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. Ein Händler bezeichnete die heftigen Kursverluste als überraschend. Zwar hatten gestiegene Kosten das Ergebnis der Biotechfirma im Quartal gedrückt. Der Umsatz sei allerdings besser als erwartet ausgefallen.
Zudem bekräftigte Evotec seinen Ausblick. Außerdem hatte das Unternehmen gerade erst mit einem milliardenschweren Deal seine Partnerschaft mit dem US-Pharmakonzern Bristol Myers Squibb ausgebaut.
Am heutigen Mittwoch werden zwei Papiere mit einem Dividendenabschlag gehandelt. Jungheinrich hat 0,68 Euro gezahlt, der Schlusskurs am gestrigen Dienstag lag bei 22,36 Euro. Die Rheinmetall-Aktie ging mit 181,90 Euro aus dem Handel, gezahlt wurden als Dividende 3,30 Euro.
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