Wie weit geht der internationale Datenaustausch? Darüber diskutieren die Digitalminister in Düsseldorf.
(Foto: imago images/Political-Moments)
Berlin Schon im Vorfeld des G7-Digitalministertreffens in Düsseldorf beschreibt der Gastgeber die Herausforderung der Zusammenkunft selbst. „Wir werden die digitale Souveränität stärken, ohne neue Barrieren zu errichten“, verspricht Volker Wissing (FDP) in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt für das anstehende Treffen mit seinen internationalen Kollegen. Ein Satz, der gut klingt, dessen Umsetzung allerdings zu den ganz großen digitalpolitischen Dilemmata gehört.
Über diese und andere Fragen, wie etwa die mit dem Ukrainekrieg immer drängender werdende der Cyberabwehr, will Wissing mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Italien, Japan, Kanada, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten in den kommenden Tagen beraten. Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz der G7-Staaten inne.
Die Frage, die Wissing schon im Vorfeld aufgeworfen hat, ist jedoch nicht einfach zu beantworten. Wie soll Datenaustausch zum Nutzen aller gelingen, ohne Individuen, Unternehmen und Staaten die Verwertungshoheit über ihre eigenen Informationen zu nehmen?
Auch in Europa gibt es Bestrebungen, im Namen der „digitalen Souveränität“ die eigenen Daten physisch auf dem Kontinent zu speichern. Mit Projekten wie dem paneuropäischen Cloud-Infrastrukturprojekt Gaia-X wollen die Europäer sich die Hoheit über ihre Daten zurückholen, die momentan häufig bei US-amerikanischen Megaunternehmen liegt.
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Gleichzeitig war der Versuch, den Datenaustausch zwischen den USA und der EU mithilfe des sogenannten Privacy Shields zu regeln, gerichtlich gekippt worden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden verkündeten im März einen Durchbruch für einen Neustart. Wie genau der aussehen kann, dürfte auch in Düsseldorf ein großes Thema sein.
Bestrebungen, die japanische Datenplattformen an das europäische Projekt Gaia-X anzuschließen
Dem entgegen stehen die protektionistischen Ansätze von autoritären Staaten wie China und zunehmend auch Russland, ihre eigenen Netze vom „World Wide Web“ abzukoppeln. China hat solche Bestrebungen mit dem Projekt „Golden Shield“ schon seit Längerem forciert. Auch Russland arbeitet an einer eigenen Version des Internets, dem sogenannten „Runet“.
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Die G7 will bewusst einen anderen Weg wählen. So gibt es erste Bestrebungen, die japanische Datenplattformen an das europäische Projekt Gaia-X anzuschließen. Der deutsche Digitalminister hat sich im Vorfeld gegen die Verpflichtung ausgesprochen, Daten an einem bestimmten Orten zu speichern, und will so auch die Möglichkeit von Staaten begrenzen, Einfluss auf den Datenverkehr zu nehmen.
Doch gerade diese Möglichkeiten, von denen auch die USA als G7-Mitglied über die National Security Agency bereits Gebrauch gemacht haben, befeuern zugleich die Skepsis gegenüber einem allzu freien und grenzüberschreitenden Datenverkehr. Die Frage, wie intensiv die Kooperation der Teilnehmer des Treffens wirklich werden wird, dürfte daher einer der größeren Streitpunkte werden.
Einig ist man sich hingegen, dass die Cyberresilienz so schnell wie möglich gestärkt werden muss, um sich gegen mögliche Angriffe von russischer Seite zu wappnen. Zu diesem Thema soll auch der ukrainische Digitalminister Mykhailo Fedorov zugeschaltet werden. Außerdem soll es neben der Abschlusserklärung ein gemeinsames Statement zum Thema Cybersicherheit geben.
Digitale Infrastruktur soll gestärkt werden
Am Wochenende hatten mutmaßlich russische Hackergruppen Attacken gegen das deutsche Verteidigungsministerium, den Bundestag, die Bundespolizei sowie mehrere Landespolizeibehörden geschaltet. Dabei handelte es sich um Angriffe, die mit einer Flut von Anfragen die Server lahmlegen. Eine Aktion, die nach Einschätzung von Experten eher der Außenwirkung dient, als dass damit tatsächlich Schaden angerichtet werden könnte.
Trotzdem warnte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Handelsblatt-Interview vor einer „hohen Gefahr“ durch Cyberangriffe. Deutschland habe deshalb die Schutzmaßnahmen deutlich verstärkt.
Auch die Erklärung der G7-Digitalminister wird nach Berichten des „Tagesspiegels“ einen entsprechenden Passus enthalten, in dem die Unterzeichner versprechen, die Sicherheit der digitalen Infrastruktur zu stärken. Außerdem soll es eine verstärkte Sicherheitskooperation zwischen den Mitgliedstaaten geben, um die gemeinsame Cybersicherheit zu erhöhen.
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